Ich werde nochmal Vater, bleibt der Unterhalt für mein anderes Kind gleich? – Gründe für Abänderungen von Unterhaltsentscheiden

18. Juli 2024

In der Praxis stellt sich oft folgende Problematik: Der Kinderunterhalt ist gerichtlich durch Scheidungsurteil oder Urteil über den Kinderunterhalt bei Nichtverheirateten oder durch gerichtlich genehmigten Unterhaltsvertrag geregelt – für die Jahre bis zum 18. Lebensjahr oder dem Abschluss der Erstausbildung – und nun gibt es eine Änderung im täglichen Leben. Beispielsweise wird der Vater, der zu Unterhalt verpflichtet wurde, noch einmal Vater mit einer anderen Partnerin. Oder es gab einen Jobverlust und nun ist der Verdienst nicht mehr so hoch. Vielleicht arbeitet die Mutter auch 80%, obwohl angenommen wurde, dass während dieser Zeit eine geringere Arbeitstätigkeit vorliegen wird. Es gibt viele verschiedene Punkte, die sich geändert haben können, insbesondere, wenn das Urteil schon viele Jahre her ist.

Es stellt sich dann die Frage, ob der Kindesunterhalt geändert werden kann?

«JA, wenn» - Voraussetzungen der Abänderung

Damit eine solche Abänderungsklage Erfolg hat, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Massgebliche Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse

  • Erheblichkeit der Veränderung

  • Dauerhaftigkeit der Veränderung

  • Keine Vorhersehbarkeit der Veränderung

Erheblichkeit

Die Veränderung ist erheblich, wenn es sich nicht um wenige Franken Unterschied handelt, sondern die Veränderung in Relation zu den gesamten wirtschaftlichen Verhältnissen und zum bisher festgesetzten Unterhalt einen deutlichen Unterschied macht. Das heisst somit auch, dass bei knappen Verhältnissen bereits kleine Veränderungen ausreichen, bei guten Verhältnissen es jedoch mehr braucht. Es gibt zwar prozentuale Angaben, die als Richtgrösse dienen, beispielsweise, dass es eine Veränderung von mindestens 10 bis 20% geben muss. In der Praxis beurteilt dies jedoch der Richter nach eigenem Ermessen und spezifisch für Ihren Einzelfall.

Dauerhaftigkeit

Die Veränderung muss von Dauer sein. Das heisst beispielsweise der vorübergehende Jobverlust von nur wenigen Monaten rechtfertig keine Abänderung. Kürzere Schwankungen gehen also zu Lasten oder auch zu Gunsten des Unterhaltspflichtigen. Das Bundesgericht hat beispielsweise eine Arbeitslosigkeit von mehr als vier Monaten als dauerhaft bezeichnet. Es gibt auch hier jedoch keine starren Regeln, sondern es gilt der jeweilige Einzelfall.

Fehlende Vorhersehbarkeit

Im Urteil oder Vergleich wird der Unterhalt in der Regel für die Zeit bis das Kind die Erstausbildung beendet oder 18 Jahre alt ist (je nachdem was später eintritt) geregelt. In dieser Regelung werden mehrere Phasen festgelegt mit denen man gewisse Dinge berücksichtigt, beispielsweise die Erhöhung des Pensums der Person, die das Kind betreut, der steigende Bedarf des Kindes mit zunehmendem Alter oder auch die Teuerung. Solche Dinge sind vorhersehbar und damit bereits mitgeregelt und rechtfertigen damit keine Abänderung. Die Tatsachen müssen als nicht vorhersehbar gewesen sein.

Beispiele für Veränderungen

Es gibt verschiedene Arten von Veränderungen, solche die bei dem Unterhaltsschuldner oder der Unterhaltsschuldnerin eintreten, solche die beim Kind oder solche die bei der betreuenden Person auftreten. Beispiele hierfür sind neben der im Titel genannten Geburt eines weiteren Kindes:

  • Start der Ausbildung des Kindes

  • Unvorhersehbare regelmässige Kinderkosten

  • Lohnerhöhung oder Lohnreduktion eines der Elternteile (bei Lohnreduktion ist jedoch zu beachten, dass diese nicht selbst verschuldet sein darf)

  • Krankheit und IV-Berentung einer der Personen

Ab wann werden die Änderungen wirksam?

Grundsätzlich werden Änderungen frühestens mit dem Einreichen der Abänderungsklage wirksam. In der Praxis wird jedoch häufig erfolgreich verlangt, dass die Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten, z.B. mit Rechtskraft des Entscheides. Nur in ganz seltenen Fällen lassen die Gerichte eine Abänderung für einen Zeitpunkt vor Einreichen der Klage zu, beispielsweise für den Zeitpunkt zu dem die Veränderung eingetreten ist.

Fazit

Die Abänderung wird erfolgreich sein, wenn sich die massgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich, dauerhaft und unvorhergesehen bzw. unberücksichtigt verändert haben. Wenn Sie beispielsweise noch einmal Vater werden, gibt es ein weiteres Kind für das Sie sorgen müssen, das hat in der Praxis in der Regel Auswirkungen auf Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit und führt daher oft dazu, dass der Unterhalt für alle Kinder neu geregelt werden muss.

Wenn es bei Ihnen Änderungen gibt, vertreten wir Sie gerne und besprechen Ihre rechtlichen Möglichkeiten. Neben einer Abänderungsklage kann die Unterhaltsregelung auch einvernehmlich mit einer Vereinbarung angepasst und danach gerichtlich genehmigt werden.

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